Treffliche Belege für K.’s Mangel an Phantasie (Auszug)

Ein für manche Normalverbraucherin leicht beängstigend klappernd mit Metall behängtes Gothic-Girl, mit Stachelhalsband usw., steht an einer Tram-Haltestelle oder dergleichen, und klappert sowohl aus stilistischen und Prestige-Gründen als auch ein bisschen infolge der Witterungsbedingungen.

K., der Spießer grau in grau und damit in seinem Element, ach, kiekt mitte Oogen im Kopp und sagt: „Ich bin völlig harmlos, ich wirke nur so!“

Ein Schmunzeln huscht über ihre lieblichen Züge, wie K. sagen würde in den Momenten, in denen er es für angebracht hält, courths zu mahlern. Nein, er macht sich nicht lustig über diese Schriftstellerin, er zieht den Hut vor ihr, und das ohne alle Ironie usw., weil er glaubt, dass ihr das so schnell keiner nachmacht, bei den Voraussetzungen über 200 Romane zu schreiben.

Usw. – Was er mit „usw.“ gemeint hat, weiß K. vorsichtshalber selbst nicht.

Außerdem ist das wieder ein bisschen durchsichtig, nicht wahr. Jetzt macht K. wohl einen auf „Millenium“, he he, sooo süüüß; unser möchte gern investigatiefsinnig journalistig um das Schrift Stellen bemühter Marginalpersonalbürokrat. Diese Histrionischen; mit denen hattet Ihr doch schon immer den meisten Ärger, was, Nossinnunnossn, war nich‘ alles schlecht, ja ja.

(… nein, K. möchte nicht nach Hütte fahren, um dem ehemals besonders eingesetzten ehemaligen Oberstleutnant M., aua, sicherheitshalber die Sonnenblume zu klauen… da kommt womöglich der ‚Schmierfink!‘ her, genau*… nein, Herr K. macht nicht auf Rambo, thx, folks… es besteht kein Grund zur Beunruhigung… „Worte, Worte, Worte!“, Hamlet in „Hamlet“…)

***

K. hat eine Zweiraumwohnung im Hochhaus Diehloer Straße, und er bekommt unverhofft Besuch von seinen Eltern, und er ist diebisch vergnügt, als seine unmittelbar vorgesetzten Vorfahren bzw. zum Vorfahren-Status Berechtigten mit amtlicher Vorsilbe „Stief-“ nach gehabtem mahlzeitlichen Vergnügen diesem Vergnügen durchaus Ausdruck verleihen, oder wie man da sagt als voll der fitte Privatpublizist, und dann schier schnurstracks baff sind, als K. ihnen mitteilt, dass sie eben nicht ein Fetzchen Fleisch, nicht ein Stückchen Ei, nicht ein Tröpfchen Milch, nicht ein Krümchen Käse aus Milch usw. zu sich genommen hätten.

Was hier „usw.“ heißen soll, ist K. ebenfalls nicht klar, aber er findet, es klingt literarisch; außerdem merkt es eh‘ keiner nie nich‘, nich‘.

K. zeigt gar mit dem Finger auf verschiedene Speisen bzw. auf die ratzekahlen Teller, auf denen die Speisen gelegen sind, und sagt: „Das war Soja!“, „Das war Weizeneiweiß!“, „Das waren Erbsenproteine!“ usw., und er grinst dabei, als hätte er eben das Nahrungsproblem der Menschheit gelöst.

PS 19:31 Uhr: „Erbenproteine“, Alter! Es geht bergab! K. vergisst immer wieder, dass er Angst vor Alzheimer hat. Im Unbewussten aber träumt er von einem reichen Onkel in Amerika mit ausgeprägter Neigung zum ins Gras beißen; da haben wir es doch wieder, hallelujah! Im Auge behalten!

Diese Wach- oder Halbwachphantasie des K. zeigt besonders deutlich, dass und wie sehr K. ein, O-Ton vox populi, „bindungsloser Psychopath“ ist, denn seine unmittelbar vorgesetzten Vorfahren bzw. zum Vorfahren-Status Berechtigten mit amtlicher Vorsilbe „Stief-“ sind alle bereits in die ewige Großgruppe abberufen worden; es gibt noch einen Stiefbruder, den K. jedoch nach einigen Kontakten zwecks Auskünften besser in Ruhe lässt.

Diese Szene wach- bzw. halbwachphantasiert K. zuweilen mit demselben Ablauf, jedoch mit verändertem Personal, indem ein gewisser Prinz Rupi hochhäuslich koskatöricht zugange ist, aber das kann vernachlässigt werden, denn es besteht kein Grund zur Beunruhigung, da K. keineswegs die Absicht hat, auch nicht im Unbewussten, in die frielinguistische Bibliothek einzubrechen, um 15 bis 40 Kilogramm Buch zu klauen.

(… das Einzige, was noch übrig ist vom Hippie, ist das Hemdfurchtbar…)

(… das ist das Schlimmste, was einem um künstlerische Produktion Bemühten aller Art und Güte passieren kann, wenn er über seine eigenen mittelschwachen Jokes kichern muss, was K. eben passiert ist, als er sich den ehrenwerten Prinzen hoheitlich-hochhäuslich vorgestellt hat…)


2008. Eigene Aufnahme. Merkt man. Ph.

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K. ist bei einem Klassentreffen, und gemeint ist die Schulklasse, nicht die Arbeiterklasse oder dgl., und zwar die Klasse der Abitouristen, in der K. störungs- sowohl als auch persönlichkeitsspezifisch bedingt durch zunehmend nur noch körperliche Anwesenheit mindestens Befremden hervorgerufen hat.

K. tritt an die Tafel, die in einem Garten aufgebaut wurde, der sich seltsamerweise zwischen Werk- und Stadtgelände befindet, nickt einigen Anwesenden zu und sagt: „Dr. M.! Dr. W.! – M. hat nicht promoviert, der ist Künstler!“, worauf etwas einsetzt, was Parlamentsreporter früher wie folgt notiert hätten: (Stürmische Erheiterung. Abgeordnete aller Fraktionen erheben sich von den Plätzen und brechen in Freudentränen aus.) usw.

(… Dr. M. und Dr. W. gibt es real, beide sind promovierte Ingenieure, und Dr. M. und M. sind zwei verschiedene ehemalige Mitschüler des K…. aus allen ist was geworden, nur… – jammer, jammer…)

***

Tja, Dichtung und Wahrheit… Bla.

K. hält es jedoch nicht für ausgeschlossen, dass er noch vor seiner Abberufung in die ewige Großgruppe in der Lage sein wird, diese doch zumindest rudimentär vorhandene Phantasie dergestalt quasi zu transformieren, dass er richtige Dichtung im Sinne auch verkaufsfähiger belletristischer Printmedien daraus macht.

Das ist nämlich das Wesentliche, nicht das Monatseinkommen usw.

Bla.

(… urst lustich…)

* K. bemüht sich seit Jahrzehnten um Hintergrundinformationen zum Budenzauber; wir bitten um Verständnis, dergleichen ist ja wiederum auch ein bisschen süüüß, nicht wahr. Auch wurde der ödipale Konflikt nicht hinreichend in der Therapie bearbeitet; wir bitten um aufmerksames Misstrauen.

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