Symbolische Wunscherfüllung?

Ich habe die Möglichkeit zu einer öffentlichen Lesung. Sie findet in einem Café statt, das mich an ein Ferienlager oder ein Kibbuz erinnert – die langen Tische und Bänke. Die Wiesn war es nichtsehr witzig, Ost-Koske!

An meinem Tisch sitzen Journalisten und Literaturwissenschaftler, die mir wohlgesonnen sind. Das muss mir auffallen, weil ich es in meinen Träumen nicht oft erlebe, dass Leute mir wohlgesonnen sind.

Ich krame in einem ganzem Stapel Hefter, die alle möglichen amtlichen Formulare, Schriftverkehr mit Behörden usw. enthalten. Diese Hefter existieren tatsächlich in dem Bereich, über den man sich geeinigt hat, dass er die Realität wäre. Sie liegen neben mir im Schrank, während ich hier tippsele.

Schließlich werde ich ans Mikro gerufen. Seltsamerweise soll ich einen Ausschnitt aus meinem Lebenslauf lesen. Vermutlich eine Anspielung auf meine autobiografischen Versuche.

Natürlich kann ich nicht auftreten. Ich habe in der Tat meine Manuskripte „vergessen“ und stattdessen besagte Hefter eingepackt. Das Gefühl, das ich bei der Entdeckung dieser Fehlleistung im Traum habe, ist selbstverständlich Erleichterung.

Dieser Traum ist derart eindeutig, dass er keinerlei Deutung bedarf. Ich könnte die Mini-Geschichte dieses Traumes jemanden präsentieren, der mich aufgefordert hat, die Grundprobleme meines Lebens knapp anzudeuten.

Dann habe ich aber doch noch einen tragikomisch persönlichkeitsspezifischen Erfolg. Ich gehe zwar nicht an das Mikrofon, um mich zu entschuldigen, aber in einen Vorraum des Cafés. Dieser Vorraum erinnert augenfällig an eines der berühmten an einer Straßenecke eingebauten Wiener Kaffeehäuser. Dies dürfte eindeutig ein Tagesrest sein, da ich in den letzten Tagen mehrfach Polgars grandioses Feuilleton über das „Café Central“ gelesen habe.

Ich rede in druckreifen Sätzen über meine Absicht, Geschichten über das Wirken des Unbewussten vorstellen zu wollen, könne das aber nicht, da mein Unbewusstes mir beim Versuch der Umsetzung dieser Absicht einen freudvollen Streich gespielt hätte. Hier wieder das in meinen Träumen unzählige Male erlebte Phänomen, dass mir niemand zuhört, ja mich keiner wahrzunehmen scheint, als wäre ich unsichtbar.

Das war der letzte Traum. Ich bin um drei Uhr geweckt worden von der Hauptverwaltung Budenzauber. Ich sollte Morgenseiten schreiben wollen. Das habe ich natürlich nicht, weil ich im Widerstand bin. Böse, Gollum, böse.

Davor ein Traum mit meinem letztem Analytiker in Big B. Der Mann ist blind, auch in dem Bereich, über den man sich geeinigt hat, dass er die Realität wäre. Im Traum hat er einen Blindenhund bei sich. Das ist aber grotesker Weise ein kleiner Terrier. Das Zamperl springt mich freudig, ja trunken von Liebe auf den ersten Blick an und schleckt mich ab. Mein ehemaliger Analytiker wirkt befremdet, ja, verärgert. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich weiß aber mit Bestimmtheit, dass ich die Prüfung nicht bestanden habe.

Davor ein Traum in der Wohnung eines ehemaligen Klassenkameraden. Es ist der Typ, der immer wieder versucht hat, mich zu rocken, mich raus aus der Spur zu bringen usw. Das hat er noch versucht in der Nacht vor meiner Einberufung zur NVA, im Felde ungeschlagen. Er ist nach der Abschiedsfeier reichlich abgefüllt mit einem geklautem Fahrrad nach Hause gefahren und hat das Rad auf der Brücke zwischen Insel und 6. Wohnkomplex in Hütte in den Oder-Spree-Kanal geworfen. Ich muss gestehen, dass ich heute noch darüber grinse.

Eine kleine Gesellschaft von drei Pärchen. Meine Begleiterin, ob Freundin, Frau oder, har har, Escort-Girl, wird nicht klar, ist nicht erschienen. Das überrascht mich auch im Traum nicht. Ich winke sozusagen innerlich ab und verlasse den Raum und damit die Situation und habe damit natürlich nicht nur die in dieser Situation enthaltene Prüfung nicht bestanden, sondern bin gar nicht zu ihr erschienen.

Zu diesen Träumen bzw. „Träumen“ noch der Gedanke, dass sie an die Vorbereitungen vieler Sportler erinnern, die vor ihren Wettkämpfen in einer Art Oberstufe des autogenen Trainings ihre Übungen bis ins Detail visualisieren. – Aber wer macht das bei mir? Und wie? Wie schon erwähnt, kann man offenbar im Traum gar nicht lesen, weil die für das Lesen zuständigen Hirnabschnitte beim Träumen nicht aktiviert werden können.

Es geht beim Budenzauber offenbar um das Problem der Massen, die integriert, „rein geholt“ werden, „dazu gehören“ sollen usw. Dies jedoch nicht durch gewaltsame Aufstände, Umstürze, Revolutionen usw., nach denen bekanntlich ohnehin immer wieder alles von vorn los geht. Das ist ein Problem des Psycho-Clubs, der Wahrnehmungsmuster, nicht der materiellen Bedingungen, wie Eigentum an Produktionsmitteln und Besitz von Seegrundstück, von Yacht, von Maserati* usw. usw. usf. Aber wie machen die das? Oder wirken da selbst regulierende Mechanismen, tralalla?

* Grandiose Schüssel übrigens, wie ich aus „Ziemlich beste Freunde“ gelernt habe, muahaha… Man muss das doch mal aussprechen dürfen! Ich würde mir das Teil auch dann nicht kaufen, wenn ich eine neunstellige Summe auf dem Konto hätte, aber ich ziehe den Hut vor der Leistung der Techniker. Nun stellt Euch vor, liebe zahllose Nichtleser, man würde mit demselben Aufwand an Fleiß, Kreativität, Sorgfalt, Hingabe usw., mit dem man an Kraftfahrzeugen schraubt, sich dem „Psycho-Club“ widmen… Wie – das kann man sich gar nicht vorstellen? Eben! Bla.

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